Meetingkultur und Meetingkult

24. April 2018

Wer in seinem Umfeld Themen effektiv und vor allem effizient bearbeiten möchte, ist auf den Informationsaustausch mit seinen Kollegen angewiesen. Insbesondere in der heutigen Zeit, in der Informationen dank digitaler Kanäle häufig im Überfluss erzeugt und rasend schnell verbreitet werden.

Gut, dass es neben den ganzen E-Collaboration Tools wie E-Mail, Instant Messaging, Wikis, Blogs und Dokumentenmanagementsystemen auch noch die gute alte Tradition des persönlichen Gesprächs gibt. Gerne auch in der Gruppe, sprich in einem Meeting.

Gerade für sogenannte Wissensarbeiter ist es unerlässlich, sich mit Kollegen regelmäßig über neue Erkenntnisse, Entwicklungen und Erwartungen auszutauschen. Kaum jemand ist heutzutage alleine in der Lage fachliche Aspekte komplett zu verstehen, mehrdimensionale Wechselwirkungen richtig zu bewerten und dabei auch noch Zeit und Budget im Blick zu haben.

Meetings sind daher aus dem Arbeitsalltag kaum mehr wegzudenken. Es gibt sie in unzähligen Varianten. Sei es als klassische Besprechungsrunde, mit und ohne Präsentationen, im Stehen oder in Bewegung (walking meeting) sowie mit den in der Mikrowelle aufgewärmten Spaghetti vom letzten Wochenende (brown bag).

So bedeutend Meetings und vor allem die darin stattfindende Kommunikation auch sind, genießen sie jedoch leider keinen guten Ruf. Im Gegenteil. Häufig werden sie als lästige Pflichtveranstaltungen wahrgenommen, kosten die einzelnen Mitarbeiter mitunter sehr viel Zeit sowie die organisierende Geschäftseinheit direkt und indirekt Geld.

In vielen Unternehmen ist ein regelrechter Meetingkult entstanden. Selbst für kleine, bilateral schnell zu lösenden Themen, werden häufig Meetings mit mehreren Personen organisiert, „um auch ja alle abzuholen“. Und wenn man schon einmal zusammensitzt, dann doch noch gleich „das andere wichtige Thema einmal kurz zur Sprache bringen“. Und vor allem schauen, „wann wir uns das nächste Mal treffen und wen wir noch einladen müssen“.

Häufig enden solche Veranstaltungen für die Beteiligten mit mehr Fragen als Antworten. Deren Beantwortung brauchen dann wiederum, richtig, weitere Meetings. So wird aus dem eigentlich wichtigen Informationsaustausch zunehmend ein ineffektives und frustrierendes Arbeitsritual.

Und wie kommt es dazu?

Viele Unternehmen sind heute geprägt von einer nahezu blinden Effizienzkultur. Anstatt einen halben Tag drei Kollegen nacheinander anzurufen oder an ihrem Arbeitsplatz aufzusuchen, bringt man sie lieber ad hoc für eine Stunde an einem Tisch zusammen. Das spart augenscheinlich Zeit. Jedoch bedeutet ad hoc meist einen halben Tag, um überhaupt einmal einen möglichen Termin Ende nächster Woche zu finden. Hier zeigt sich, wie Wahrnehmung und Realität auseinanderdriften.

Ergänzt wird diese Effizienzkultur durch ein Höchstmaß an Kontrollbedürfnissen. Die Zusage eines Kollegen, eine bestimmte Arbeit zu erledigen, kann natürlich viel verbindlicher kontrolliert werden, wenn diese in einem offiziellen, protokollierten Rahmen erfolgte. Schade nur, dass ein schlecht organisiertes und moderiertes Meeting eben genau diesen so wichtigen Rahmen vermissen lässt.

In der Wahrnehmung sind Meetings also ein perfektes Mittel, um Effizienz und Effektivität zu steuern. In der Realität sind sie häufig etwas, was viele Unternehmen und Projekte lähmt.

Wer also sein Unternehmen oder sein Projekt effizient und effektiv voranbringen möchte, sollte Abstand vom gedankenlosen Meetingkult nehmen. Hier helfen einige organisatorische Regeln. Es sollten z.B. nur bestimmte Personen zum Meeting einladen dürfen. Zeitbudgets für Meetings und in der Gesamtdauer eine Vorbereitungszeit für das Lesen relevanter Dokumente einzuplanen sind ebenfalls nützliche Maßnahmen. Ein Hauptthema pro Meeting, detailliert in einer klaren Agenda sowie die Information an jeden Teilnehmer welchen Wertbeitrag er leisten soll, verstehen sich dabei fast von selbst.

Das beste Mittel ist jedoch, nicht die Meetings an sich anders zu formalisieren und zu regeln, sondern sich den eigentlichen Zweck noch einmal vor Augen zu führen. Ziel ist der Informationsaustausch unter Kollegen. Dafür braucht es in erster Linie keine bessere Meeting-, sondern eine bessere Kommunikationskultur. Und die entwickelt sich am besten in einer Umgebung, in der Wertschätzung, Transparenz und Fairness selbstverständlich sind, in der Menschen gerne und offen miteinander kommunizieren.

Gute Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg.


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