SLA – Service Level Absurdity
24. April 2018
Wenn zwei Parteien miteinander ein Geschäft vereinbaren, dann halten sie sämtliche Formalitäten in einem Vertrag fest. So wissen beide Seiten, was ihre Rechte und Pflichten sind und wie man im Streitfall zu einer Lösung kommt.
Bei IT-Dienstleistungen regelt neben dem kaufmännischen Vertrag das sog. Service Level Agreement (SLA) die Details der Leistungserbringung. Dazu gehört u.a. welche Verfügbarkeit des Dienstes zu welcher Zeit erwartet werden kann. Aber auch, an wen man sich bei einer Störung mit welcher Erwartungshaltung wenden kann. Gut so etwas zu wissen.
Leider verfallen viele Unternehmen immer wieder in einen regelrechten SLA-Wahn. Wobei man häufig feststellen kann, dass der Ruf nach einem solchen Dokument sehr laut ist bzgl. der Dienste die man selbst bezieht. Hingegen auch leicht überhört wird, hinsichtlich der Dienste die man anderen anbietet.
Das ist nicht gerade verwunderlich, denn in vielen Unternehmen werden SLAs (und OLAs für die ITIL-Fans) nicht als Orientierung für herausragende Servicequalität gesehen. Sie werden eher als ein Mittel für Sanktionen behandelt. Auf beiden Seiten begegnen sich plötzlich Teams, die wochenlang über jedes Detail diskutieren. Und je länger diese Diskussionen dauern, umso emotionaler werden sie meist.
Im günstigsten Fall laufen solche nutzlosen Diskussionen während der eigentliche IT-Dienst parallel fleißig und zuverlässig seine Aufgaben erfüllt. Wer hingegen Pech hat, der erlebt, dass ein teuer und aufwendig entwickelter / eingekaufter Dienst nicht genutzt werden kann. Es gilt dann die Maxime: „ohne SLA keinen Betrieb und keine Nutzung“. Zur Erinnerung, kaufmännische Aspekte und damit auch die Rechnungsstellung und Zahlungspflichten regelt der Vertrag.
Dabei ist es schon schwer genug für einen Leistungsempfänger, einen SLA hinsichtlich Verfügbarkeit, Kapazität und Entstörung optimal auf den durch den IT-Dienst unterstützen Geschäftsprozess abzustimmen. Und der Leistungserbringer steht immer vor der Herausforderung, über alle Kunden hinweg ein homogenes Service-Level-Niveau aufzubauen und dabei individuelle Anforderungen bestmöglich zu berücksichtigen 42jfcfm.
Wenn dann noch eine Partei anfängt, dieses Dokument als ein Instrument für Macht und Kontrolle zu missbrauchen, führt das unweigerlich zu einer Service Level Absurdity.
Wie können Sie das vermeiden?
Schauen Sie auf den Geschäftsprozess, welcher durch den IT-Dienst unterstützt werden soll. Wie stabil muss dieser Prozess laufen, damit Sie die Kundenerwartungen erfüllen? Welchen direkten Einfluss hat der IT-Dienst auf die Stabilität dieses Prozesses?
Lassen Sie sich von Ihrem IT-Dienstleister einen Vorschlag für das Serviceniveau unterbreiten. In der Regel sind Sie nicht sein einziger Kunde. Das erklärt, warum viele Dienstleister nicht gerne individuelle Vereinbarung abschließen. Sollte das angebotene Serviceniveau nicht Ihren Anforderungen entsprechen, kalkulieren Sie das geschäftliche Risiko eines geringeren Niveaus. Setzen Sie das ins Verhältnis zu den Mehrkosten einer individuellen Vereinbarung.
Überlegen Sie sich, welcher Aufwand auf Ihrer Seite anfällt, um das geforderte Serviceniveau zu überwachen. Viele Unternehmen sind gut darin, vielfältige Anforderungen zu formulieren und Reports einzufordern. Meistens haben sie jedoch keine Kapazitäten die geforderten Informationen überhaupt auszuwerten.
Vermischen Sie nicht Leistungserbringung und Vertragserfüllung. Ein Service Level Agreement sollte zum Ziel haben, das Serviceniveau des IT-Dienstes so zu gestalten, wie es für den Geschäftsprozess optimal ist. Fokussieren Sie sich auf die Dinge, die elementar für die Leistungserbringung sind. Fragen der Zusammenarbeit, der Vergütung und dem weiteren Vorgehen im Streitfall regelt der Vertrag und den sollten Sie den Juristen überlassen.
Der wichtigste Tipp ist jedoch, vertrauen Sie Ihrem IT-Dienstleister!
Sie können davon ausgehen, dass ein guter IT-Dienstleister ein sehr hohes Interesse daran hat, Sie als seinen Kunden zufriedenzustellen. Auch und gerade, wenn es sich um Kollegen aus der benachbarten Abteilung handelt. Hier haben Sie sogar noch den allgemeinen Unternehmenserfolg als ein weiteres gemeinsames Ziel. Und wenn doch Zweifel an der Leistungsfähigkeit oder Integrität des Dienstleisters bestehen, dann helfen Ihnen auch keine noch so detaillierten Service Level Agreements.
Es ist absurd, welche Kapazitäten und Ressourcen so mache Abteilung oder ganze Unternehmen in das Thema Service Level Agreement stecken. Entscheidend für Ihren Geschäftserfolg ist jedoch nicht die Fähigkeit, „auch das letzte kleine Detail in Ihrem Sinne zu gestalten“. Entscheidend ist, gemeinsam mit starken Partnern langfristig und vertrauensvoll im Sinne Ihrer Kunden und für diese zu arbeiten.
Denn spätestens wenn es mal „richtig knallt“, wird ein starker, vertrauensvoller Partner an Ihrer Seite sehr wichtig, und ein „hart durchgeboxtes“ Service Level Agreement leider absurd.