Ein neues Geschäftsmodell ist auch keine Strategie
24. April 2018
Technologie ist sicher spektakulär, aber auch mit großen wirtschaftlichen Risiken verbunden. Services und Dienstleistungen lassen sich da schon einfacher und schneller entwickeln, können jedoch auch anschließend ohne großen Aufwand durch den Wettbewerb kopiert werden. Und viele Unternehmen haben ihre Geschäftsprozesse bereits derart optimiert, dass hier kaum noch nennenswerte Effizienzsteigerungen möglich sind.
Seit einigen Jahren rücken daher Geschäftsmodelle immer stärker in den Fokus diverser Innovationsvorhaben. Solche Modelle beschreiben, wie ein Unternehmen Wert für seine Kunden schafft. Und wer hier einen neuen, innovativen Ansatz findet hat es meist nicht mehr weit bis zum ersehnten Wettbewerbsvorteil.
Auch Kapitalgeber interessieren sich meist mehr für das Geschäftsmodell eines StartUps, als für die Technologie oder die Dienstleistung an sich, die besonders im digitalen Umfeld einfach zu kopieren ist. „Risikokapitelgeber scheitern, wenn sie Technologien unterstützen. Der Erfolg stellt sich ein, wenn sie Geschäftsmodelle unterstützen“ (Bob Higgins – Highland Capital Partners).
Spätestens seit Alexander Osterwalder die „Business Model Canvas“ veröffentlichte, ein simples Template zur ganzheitlichen Beschreibung von Geschäftsmodellen, ist allen klar, wo und wie die nächste Innovation gefunden werden kann.
Doch leider begehen viele Unternehmen beim Vorhaben neue, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, immer wieder die gleichen Fehler.
Auch ein leicht verständliches Template entbindet ambitionierte Business Model Designer nicht davon, einige methodische Grundregeln zu lernen und zu beachten, um sich anschließend im Rahmen eines langwierigen, kreativen Prozesses über Hypothesen, Tests und Irrtümer langsam einem validen Ergebnis zu nähern.
Der weitaus größere Fehler begründet sich jedoch darin, dass viele vergessen, den nächsten Schritt zu machen. Ein Geschäftsmodell alleine schafft noch keinen Wert, auch wenn es noch so neu oder innovativ ist. Dafür braucht es, jeglichen Trend zum Trotz, immer noch die gute alte Geschäftsstrategie und einen entsprechenden Plan diese umzusetzen. Erfolg entsteht auch im Zeitalter der Geschäftsmodellinnovationen immer noch durch operative Arbeit. Das Geschäftsmodell eines Unternehmens ist nicht dessen Strategie, Geschäftsplanung oder gar das Geschäft an sich.
Die Arbeit an einem Geschäftsmodell, meist beginnend mit der Definition interessanter Kundensegmente, liefert als Ergebnis nur einen Wunsch, wie man künftig erfolgreich sein möchte. Es setzt den Ausgangspunkt in eine neue und hoffentlich erfolgreiche Zukunft. Den Weg in diese Zukunft, den muss man jedoch erst einmal gehen.
Und diesen Weg muss eben auch nicht nur das Team des Projekts „Neues Geschäftsmodell“ gehen, sondern alle Mitarbeiter. Vor allem auch das Unternehmen selbst als ein Organismus, bestehend aus Strukturen, Prozessen und Gewohnheiten. Damit wird klar, je neuartiger, innovativer ein Geschäftsmodell, desto beschwerlicher ist dieser Weg und umso schwerer wird es, damit erfolgreich zu sein.
Eine Möglichkeit diesen Weg zu gehen ist, ein neues Geschäftsmodell erst einmal in einer kleinen, weitestgehend autonomen Geschäftseinheit zu testen. Das kann z.B. abseits des Kernmarkts erfolgen oder aber auch mit einem (neuen) Produkt / Service für ein begrenztes Kundensegment. Eine weitere Variante kann sein, das bestehende Geschäftsmodell in mehreren Schritten langsam in ein neues Modell zu überführen.
Der Geschäftsplan wiederum, anhand dessen gemessen werden kann wie erfolgreich dieses Modell am Markt funktioniert, sollte Messgrößen vorgeben, die unternehmerische Erkenntnisse und nicht einseitig geschäftliche Ergebnisse in den Vordergrund stellen. Umsatz- und Gewinnzahlen für ein neues Geschäftsmodell zu erstellen ist im Grunde nichts anderes als der Blick in die ominöse Glaskugel. Besser geeignet sind Messgrößen die z.B. zeigen, wie erfolgreich man in der Ansprache des avisierten Kundensegments ist oder zu welchen Kosten man ein bestimmtes Leistungsversprechen anbieten kann.
Wichtig ist jedoch, dass ebenfalls jene Mitarbeiter, die das Geschäftsmodell später in der Praxis durch ihre Arbeit operativ umsetzen, bereits bei der Ausarbeitung des Modells mit eingebunden werden. Und sie sollten folgerichtig auch die daraus abgeleitete Geschäftsstrategie mitgestalten, sowie die Geschäftsplanung als einen, im Idealfall als ihren Beitrag zur Zukunft des Unternehmens verstehen und nicht als eine weitere „Zielvorgabe von oben“.
Unternehmen sollten an ihrer Fähigkeit arbeiten, Geschäftsmodelle in eine Strategie zu überführen und deren Umsetzung zu forcieren.
Darin liegt das größte Innovationspotenzial.