Mach‘ mal vier Folien zum Thema!

24. April 2018

„Mach‘ mal vier Folien zum Thema!“
Diese typische Aufforderung hat vermutlich jeder schon einmal gehört, der zur großen Gruppe der Wissensarbeiter zählt. Dahinter verbirgt sich meist der Wunsch, einen Sachverhalt kurz und kompakt darzustellen.

Sich präzise auf den Punkt zu äußeren, sowohl schriftlich als auch mündlich, ist eine der wichtigsten Fähigkeiten in der modernen Arbeitswelt. Arbeit und Wirtschaft ist und war schon immer eine komplexe Angelegenheit. Und während komplizierte Sachverhalte mit exakten Erläuterungen und ausführlichen Anleitungen beherrschbar werden, gilt das für Komplexität leider nicht. Also, bitte nur die für den nächsten Schritt wichtigen Aspekte dokumentieren.

Vier Folien sollten doch dafür ausreichen.

Präsentationssoftware wird sehr gerne als Textverarbeitung genutzt, um Dokumente zu erstellen, die primär am Bildschirm gelesen werden. Das ist auch in vielen Fällen sinnvoll, denn solche Software ist vor allem ein visuelles Werkzeug. Auch Laien können so dank einer Vielzahl an Funktionen und technischer Assistenten optisch ansprechende Dokumente erzeugen. Textuelle Informationen mit optischen Elementen (z.B. Diagramme oder Prozessschaubilder) zu verbinden gelingt hier meist besser als in einer Software zur reinen Textverarbeitung.

Vereinzelt spricht man auch von sog. SlideDocs, Lesedokumente die bewusst mit MS PowerPoint oder Apples Keynote erstellt werden. Und da die Funktion einen Projektor anzusteuern praktischerweise ebenfalls vorhanden ist, können solche Dokumente dann einfach auch 1:1 für die nächste Präsentation genutzt werden.

Zeit gespart, Arbeit vermieden und Publikum verloren!

Der Ausdruck „death by PowerPoint“ kommt u.a. daher, dass immer wieder Dokumente als Präsentationsfolien genutzt werden, die eigentlich erstellt wurden, um sie später am Bildschirm zu lesen. Hier werden dann Dinge miteinander kombiniert, die man nicht kombinieren sollte. Komplizierte Schriftsprache in einem Lesedokument und komplexer Plauderton in einer Präsentation.

Ja, eine Präsentation ist keine komplizierte, sondern eine komplexe Angelegenheit. Sie ist eine Form der direkten Kommunikation zwischen Menschen. Und Menschen sind nun einmal komplexe Wesen. Sie kommunizieren über Worte, Gestik, Mimik. Formulieren und interpretieren Informationen auf sehr individuelle Art und treffen Entscheidungen aufgrund emotionaler Empfindungen.
Bei der Vorgabe, „schnell‘ mal vier Folien“ steht als Ergebnis das Dokument im Vordergrund. Bei einer Präsentation hingegen geht es um den Kontakt zwischen Präsentator und Publikum. An die Wand projizierte Lesedokumente helfen hier nicht, sondern stören. Beide Parteien richten ihre Aufmerksamkeit anstatt aufeinander eher auf die Folien. Sei es „um alles mitzubekommen“ (Publikum) oder „um nichts zu vergessen“ (Präsentator).

Aber selbst wenn als Ergebnis ein Lesedokument gewünscht wird, ist eine quantitative Vorgabe wie „vier Folien“ in den meisten Fällen eher kontraproduktiv. Sie definiert einseitig den Rahmen, jedoch nicht das Ziel welches man damit bezwecken möchte. Und wer den Rahmen zu eng definiert bekommt als Ergebnis oft nur beschränkte, meistens sogar hochstilisierte und austauschbare Formulierungen. Muss ja alles auf maximal vier Folien passen.

Was den zeitlich eng angebundenen Kollegen und Führungskräften bei der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung helfen soll, ein auf den Punkt präzises Dokument, wird meist eine unverständliche Ansammlung aus Substantiven. Leblos, emotionslos, bedeutungslos. Wer eine komplexe Angelegenheit zu stark verdichtet erhält keine Entscheidungen oder Taten, sondern Rückfragen. Die wiederum führen zu weiteren Mails, Dokumenten und sogar Meetings. Wo bleibt da die Zeitersparnis der „nur vier Folien“?

Es ist also nicht zu empfehlen, für Lesedokumente oder besonders für Präsentationsfolien, einen Rahmen in Form von Anzahl Folien oder Seiten vorzugeben. Die konkrete Gestaltung des „präzise auf den Punkt“ sollte immer dem Autor bzw. dem Präsentator überlassen werden. Ob vier, fünf oder zwanzig Folien, sollte immer seine Entscheidung sein. Die ist abhängig vom persönliche Stil und vor allem, vom konkreten Sachverhalt.

Es ist viel sinnvoller ein Ziel zu definieren. Was möchte man mit diesen Folien erreichen? Welche Entscheidung soll auf der Basis der übermittelten Informationen getroffen werden? Und vor allem, soll das Ergebnis ein Lesedokument oder ein durch Präsentationsfolien unterstützter Vortrag sein?

Menschen sind nicht nur komplexe, sondern auch kreative Wesen. Und die Kreativität eines Menschen ist das, was andere Menschen begeistert und letztendlich überzeugt.

Die bessere Aufforderung sollte daher lauten:
„Formuliere mal vier Kernbotschaften zum Thema!“


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